Familien nehmen im Jugendkulturbahnhof Bleichenbach eine einwöchige Auszeit
Urlaub ohne Koffer
Maresch
08.08.2017
drin
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Bleichenbach (det). Es geht lebhaft zu im Jugendbahnhof Bleichenbach. Elf Kinder zwischen fünf und 14 Jahren, ihre Eltern oder Großeltern machen hier eine Woche „Urlaub ohne Koffer“, auch Alleinerziehende sind dabei. Zum zweiten Mal wird diese Chance für eine entspannte Sommerwoche vom evangelischen Dekanat Büdinger Land angeboten. Aus unterschiedlichen Gründen nehmen Familien teil, sei es, dass Eltern und Kinder mehr Zeit bei weniger Alltagsstress mit einander verbringen wollen. Oder sie suchen in den langen sechs Ferienwochen Abwechslung und Gemeinschaft oder das Familienbudget lässt in diesem Jahr keinen großen Urlaub zu. Der Jugendbahnhof liegt günstig, zwei Familien kommen mit dem ÖPNV, eine Flüchtlingsfamilie aus einem Ort mit schlechter Verkehrsanbindung wird von Helfern gefahren. An Begleiterinnen fehlt es nicht: neben der Initiatorin des Projektes, Sozialarbeiterin Karin Kornelia Brückmann (Arbeit mit Allenerziehenden und Familien in Konfliktsituationen) sind die beiden Gemeindepädagoginnen Ruth Weyel-Bietz und Renate Nagel-Kroll dabei. Alle drei sind Mitarbeiterinnen des evangelischen Dekanats Büdinger Land. Jugendliche, die als Teamer ausgebildet wurden, helfen ehrenamtlich mit.
Von Montag bis Samstag geht es um 10.30 mit einer Begrüßungsrunde los, um 11 bilden sich die Arbeitsgemeinschaft für Mittagessen, Tisch- und Küchendienst. Dazu nimmt die Gruppe sich Zeit, gegen 13 Uhr wird das Drei-Gänge-Essen serviert. So am Dienstag als Vorspeise spanische Arepitas, goldgelb gebratene Käseküchlein, dazu auf einem Sternchen aus Avocadocreme eine Cocktailtomate mit Borretschblüte als I-Tüpfelchen. Es folgte eine Polentapizza, verschieden belegt, und Apfeltörtchen zum Nachtisch. In der Gruppe räumen die Kinder selbstverständlich gemeinsam ab und helfen in der Küche – zu Hause mag es nicht immer so klappen. „Die Jungen und Mädchen bringen sich ein, erobern den Bahnhof und das Außengelände, entwickeln ungeahnte Spielideen!“ beobachten die begleitenden Fachkräfte. Auf eine Entspannungsphase nach dem Essen folgt ein Kreativangebot. Im Lauf der Woche werden Piratentücher und andere Kopfbedeckungen angefertigt, Tischsets und Schürzen gebastelt, Holzbrettchen mit dem Brennstift gestaltet. Kaffeepause muss sein, je nach Wetter sind die Kinder dann mit den jungen Teamerinnen draußen auf dem Gelände in Aktion oder drinnen bilden sich Spielrunden am Tisch. Die Erwachsenen haben eine Gesprächszeit für sich, manchmal werden Rezepte ausgetauscht, es kann um ernsthafte Probleme gehen oder um eine lockere Runde, bei der viel gelacht wird. Mit dem abendlichen Blitzlicht, der Rückschau auf die vergangenen Stunden endet jeder Tag. Das große Abschlussfest ist am Samstagnachmittag. Jede Familie bringt einen Salat mit und kann Gäste einladen. Es wird gesungen, gespielt.
Gefördert wird „Urlaub ohne Koffer“ bereits im zweiten Jahr mit Mitteln des Projektes „DRIN“, einer gemeinsamen Initiative der evangelischen Kirche Hessen-Nassau und der Diakonie Hessen. Es geht dabei um Maßnahmen gegen wachsende Armut und Ausgrenzung, um die Entwicklung von nachhaltigen, bedürfnisorientierten Alltagslösungen, von niedrigschwelligen Hilfen und neuen sozialen Netzwerken. DRIN steht für „Dabeisein – Räume entdecken – Initiativ werden -Nachbarschaft leben“. Zwei DRIN-Mitarbeiterinnen besuchen nach und nach alle Projekte und waren tatsächlich auch im Jugendbahnhof mittendrin: Margarete Reinel, Pfarrerin und Leiterin des DRIN-Projekts, und die Betriebswirtin und Koordinatorin Annette Heinz. Sie nahmen an der Mittagsmahlzeit teil, lernten die Kinder näher kennen, kamen mit den Eltern ins Gespräch, befragten Familien, die schon zum zweiten Mal bei „Urlaub ohne Koffer“ mitmachten. Erfreulich: auch 2018 wird es DRIN-Mittel geben, sogar in größerem Umfang. Ob dann wie in vergangenen Jahren auch wieder ein „Urlaub mit Koffer“-Projekt samt Verreisen möglich ist?
Veröffentlicht im Kreis-Anzeiger für Vogelsberg und Wetterau am 11.7.2017
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